EINSICHTEN & BEFUNDE

I

Der Soziologe und Sozialpsychologe Harald Welzer ist ein Bestseller-Autor, der einerseits allen Fundamentalkritikern von Kapitalismus und Nationalstaat unter die Nase reibt, dass es sich hierbei gefälligst um großartige historische Errungenschaften zu handeln habe, die man „die Moderne“ nennen solle, und andererseits allen Fundamentalbefürwortern dieser Entitäten damit kommt, dass die Moderne, so modern sie auch sei, rundum fehlerbehaftet wäre und tunlichst modernisiert werden müsste. Auf gleich zwei wackligen Stühlen thronend belastet Welzer mal die eine, mal die andere Arschbacke und bestreitet mit seiner „Moderne, du bist super, du bist bäh!“-Dialektik ein ganzes Forscherleben. Höchste Zeit für eine Kritik mit Schmackes, exemplarisch durchgeführt an seinem Buch „Alles könnte anders sein – Eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen“ (Frankfurt am Main 2019). Hier bitte:

II

Jedes noch so gut gemeinte linkspolitische Denken und Handeln bleibt unweigerlich dem Horizont von Nationalstaat und Kapitalismus verhaftet. Exemplarisch lässt sich das an dem von Ashish Kothari und weiteren Autoren herausgegebenen Reader „Pluriversum – Ein Lexikon des Guten Lebens für Alle“ (AG SPAK, Neu-Ulm 2023 aufzeigen. Hier bitte:

III

Auch wenn sich die allermeisten politischen Gruppen und Parteien, die sich nach 1968 der Revolutionierung der Arbeiterklasse und der sozialistischen Revolution verschrieben hatten, nach allerhand Windungen, Wendungen und letzten Zuckungen in systemkonformes Wohlgefallen und -verhalten aufgelöst haben, spukt das Klassenkampf-Paradigma auch heute noch in manchen Köpfen herum, zum Beispiel in denen von Peter Decker und Konrad Hecker. Sie haben für die Zeitschrift „Gegenstandpunkt“ (vormals „Marxistische Gruppe“) die Abhandlung „Das Proletariat“ (München 2002) geschrieben, die ihnen allerdings auch zur Abhalfterung der von ihnen als revolutionäre Klasse auserkorenen Proletarier geraten ist, weil die „Proleten“ einfach nicht so sind, wie sie im Wunschdenken der Politrevolutionäre zu sein haben. Hier bitte:

IV

Im Mai 2016 nahm ich mit einer Lesung aus meinem sprachspielerischen E-Werk „Elfenfeld“ an einer Veranstaltung des „KulturRaum München“ teil, die im Rahmen der vom Kulturreferat der Stadt München veranstalteten „Kulturtage Ludwigvorstadt/Isarvorstadt“ stattfand. Im Vorfeld wurde ich zu Beiträgen auf dem „Stianghaus-Blog“ des KulturRaums eingeladen, in dessen Verlauf sich mit einem der Gastgeber („N. N.“) eine Debatte über „das Politische im privaten und öffentlichen Leben“ entspann. Hier bitte:

V

Zu den unerschütterlichen Grundannahmen jedes Demokraten gehört die Überzeugung, dass die im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland festgeschriebenen Grundrechte etwas Grundgutes seien. Die gleiche Unerschütterlichkeit ist hinsichtlich der Menschenrechte festzustellen. Die genaue Lektüre der betreffenden Gesetzeswerke lässt aber die Sache in einem anderen Licht erscheinen. Hier bitte:

VI

Was ist Kapitalismus? Eine Frage – 1000 Antworten! Eine sehr populäre unter ihnen unterscheidet zwischen einem „guten“ produktiven Kapitalismus, den es zu bewahren und zu verteidigen gelte, und einem zu bekämpfenden „schlechten“ Finanz-Kapitalismus, der von wenigen sinistren Drahtziehern im Hintergrund in Szene gesetzt werde. Paradigmatisch für diese Sichtweise ist Ernst Wolff mit seinem Buch „Finanz-Tsunami – Wie das globale Finanzsystem uns alle bedroht“ (Edition E. Wolff 2017). Hier bitte:

VII

Alle kennen die Bibel und den Koran, doch so gut wie niemand kennt sie wirklich. Ich empfehle dringend die Komplettlektüre. Sie könnte heilende Wirkung haben, so mancher Vorschusslorbeer dürfte rasch verwelken. Für alle, die weder Zeit noch Lust haben, sich auf zwei öde Lese-Marathons einzulassen, kann ich zumindest für den Koran Hilfe anbieten. Man sagt dieser Schrift bekanntlich nach, dass in ihr gegen die „Ungläubigen“ Stellung bezogen wird. Aber stimmt das wirklich? Ich habe akribisches Quellenstudium betrieben und die einschlägigen Stellen aufgelistet. Eine Warnung muss ich jedoch aussprechen: Die Lektüre der folgenden fünfzehn Seiten kann das Gemüt human gesinnter Leser und Leserinnen erheblich beeinträchtigen. Aber sei’s drum, hier bitte:

VIII

Was das Geschlechtsleben betrifft, mache ich es kurz. Jeder soll es halten, wie er will. Ich mische mich da nicht ein. Ausnahme: Gewalt und Übergriffigkeit gegen Andere! Von Männern gegenüber Frauen, von Männern gegenüber Männern, von Frauen gegenüber Frauen, von Frauen gegenüber Männern. Das geht nicht. Alle Menschen, die Gewalt ablehnen, müssen sich gegen diejenigen wenden, die Gewalt praktizieren. Das ist kein Feminismus und kein Hominismus, sondern eine humane Sicht- und Handlungsweise, die keines wie auch immer gearteten „-ismus“ bedarf. Im Gegensatz zum Ansinnen, dass man sprachlich allüberall zu gendern habe, bin ich für die Entgenderung. Es ist unschön, die eigene geschlechtliche Verfasstheit wie eine Monstranz in die Öffentlichkeit zu halten. Ich will mit Menschen zu tun haben und nicht mit Geschlechtsidentitäten. Die Geschlechtlichkeit ist eine, aber nicht die Facette eines Menschen. Zurück also ins zweite Glied, dort ist sie gut aufgehoben! An Sprachverhunzung und -verhässlichung beteilige ich mich nicht. Einige Überlegungen zur Gender-Thematik habe ich in einem Offenen Brief an den Verlag „Edition Assemblage“ und in zwei Leserbriefen an die „Süddeutsche Zeitung“ dargelegt. Hier bitte:

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